Wenn die Kardinäle im Konklave einen neuen Papst erwählt haben, steigt aus der Sixtinischen Kapelle weißer Rauch auf und im Petersdom läuten die Glocken. Der dienstälteste Kardinal tritt ans Fenster und ruft den Gläubigen zu: „Annuntio vobis gaudium magnum: Habemus Papam!“ Zu Deutsch: „Ich verkünde euch große Freude: Wir haben einen Papst!“ Die groß Gaudi (gaudium magnum) kännt ma uff Monnemarisch so ausrufe: „Alder Schlabbe, mir hawwe än Babbe!“
Jetz kummt Monnem! Habemus papam? Vun wege! Wir haben viele Päpste: Papst im Quadrat. Die Reiss-Engelhorn-Museen (rem) schufen mit „Die Päpste und die Einheit der lateinischen Welt. Antike – Mittelalter - Renaissance“ eine großartige Ausstellung. Im Zeughaus (C5) versammelt sie Kunst- und Kulturschätze in einer Weise, die sie selbst zum Kulturschatz macht. In drei Etagen blüht eine Fülle von Impressionen und Informationen, Erinnerungen und Ideen. Skulpturen, kostbare Bücher und schriftliche Erläuterungen wechseln sich ab mit Bildern und Filmen. Die Vielfalt der Darbietungen hilft, die Eindrücke zu verkraften. Ab un zu ä Bank fär de Bobbes, wege de Fieß.
Im rem-Faltblatt heißt es: „Die Ausstellung umfasst die 1.500-jährige gemeinsame Vergangenheit von Katholiken und Protestanten“. Man könnte es aber auch so sehen: Erst mit der Kirchenspaltung beginnt die gemeinsame Geschichte der beiden Konfessionen: just die Zeit, verbracht im Streit, schafft gemeinsame Vergangenheit. Vor der Reformation gab es keine Protestanten und daher (in gewissem Sinne) auch keine Katholiken. Mit der Reformation begannen Katholizismus und Protestantismus einander hervorzubringen - durch gegenseitige Verneinung: „Wir haben die Wahrheit. Ihr habt sie nicht!“
Grundlage päpstlicher Macht war ihr Anspruch, Hüter der alleingültigen, allumfassenden Wahrheit zu sein. Über Jahrhunderte galt dies fürs Diesseits wie fürs Jenseits – mit manch schlimmen Folgen für die geistigen Entwicklungen Europas. Die Ausstellung beginnt mit dem Wahrheitsanspruch, auf den sich Päpste stützen und der zur zentralen Legitimation des Christentums gehört: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben;“ (Joh. 14,6)
Die Aufklärung aber lehrt uns: unumstößliche Wahrheiten gibt es nicht. Die ‚Wahrheit’ erweist sich als Für-Wahr-Halten – gerade in Glaubensfragen. Ist es der Geist der Aufklärung, der die Autoren der Ausstellung veranlasste, die fundamentale Stelle im Johannesevangelium vom ausschließenden Teil zu entschärfen? Komplett lautet der Vers: „Jesus spricht zu ihm (zu Thomas): Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich.“
WOCHENBLATT Mannheim
01. Juni 2017