Den Geboten der Schwerkraft folgend, fest in Mannheims Erde gegründet; und himmelwärts ragend: leicht, strebend, sehnend. Musik für die Augen. Diese Kirche weiß, wo sie hinwill. Im Inneren viel Licht und wunderbare Figuren und Altäre. Aber auch großer Renovierungsbedarf. Da wartet noch viel Arbeit in diesem Förderprojekt der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. (Dieser Stiftung kann man getrost Spenden anvertrauen. Sie ist gut organisiert und zuverlässig.)
Zur Zeit erfüllt die Heilig-Geist-Kirche eine Doppelfunktion im Hinblick auf Denkmalschutz. Selbst ein Denkmal von Rang, beherbergt sie noch bis zum Sonntag, 19.11.2017 die Ausstellung der Deutschen Stiftung Denkmalschutz „Seht, welch kostbares Erbe!“ Sie kann von montags bis samstags von 10 bis 17 Uhr und sonntags von 15 bis 18 Uhr besucht werden. Ich kann den Besuch der Ausstellung sehr empfehlen, werden dort doch große Beispiele von Bau- und Erinnerungsmalen in Deutschland gezeigt und beschrieben: Kirchen, Schlösser, Brücken, Schiffe, Arbeitersiedlungen, Dörfer, Klöster, Parks, Industriebauten – um nur einige zu nennen. Enorm die Vielfalt, die sich vor unseren Augen entfaltet. Und sie ist echt. „Vielfalt“ tritt hier nicht als herrschsüchtiges Macht-Wort zur Durchsetzung bestimmter politischer Entscheidungen (und Unterlassungen) hervor, wie in den allgegenwärtigen medialen und machtpolitischen Vorgaben, sondern als echte, gewachsene Vielschichtigkeit und Komplexität in hoher Qualität.
In der Heilig-Geist-Kirche und der Ausstellung erleben wir anschaulich, dass es nicht um Vergangenes geht, sondern um Gegenwart, eine Gegenwart allerdings von großer historischer Tiefe und Weite. Bei der Ausstellungseröffnung sprach unter anderen die Ortskuratorin Mannheim der Deutschen Stiftung Denkmalschutz und Bloomäulin, Helen Heberer. In ihrer kleinen Ansprache hat auch sie Geschichte gegenwärtig gemacht. Gelang ihr doch eindrucksvoll, Martin Luther zu bestätigen und den Apostel Paulus zu widerlegen. Martin Luthers Kurzprosa zum Thema Rhetorik lautet: „Tritt fest auf, mach’s Maul auf, hör bald auf!“ So war’s: Mit klarer Stimme füllte Helen Heberer die Kirche. Kein Satz zu viel, kein Satz zu wenig. Und Paulus? Im 1. Korintherbrief 14,34 heißt es: „Wie in allen Gemeinden der Heiligen lasset Eure Weiber schweigen in der Gemeinde...“ Vun weege!
WOCHENBLATT Mannheim
03. November 2017