Wie hab isch misch abgeschunne, alle Daach fär vier, finf Schdick! Un der lumbisch Baromeda kummt ma aa zum Haus enaus, wonn des Wedda sisch nädd ännad, schmeiß isch’n zum Fenschda naus! Bei dem eewisch därre Bodde wärrd ma jo noch gonz varrickt – wo isch gugg – de Wald, die Felda: drogge, schdaawisch un geknickt. Rege fehlt uns, nix wie Rege, regne misst’s mol droo un druff - ä Gewiddadunnakeidl, nää, do heerd sisch alles uff!
„Die vier Temperamente bei einer Regenperiode“ der großen Lina Sommer (geb. 1862 in Speyer, gest. 1932 in Karlsruhe) gehören zu den Klassikern pfälzischer Poesie. Gehen Sie mit „Lina Sommer: Die vier Temperamente...“ in eine Internet-Suchmaschine, und Sie finden die Gedichte der Menschenkennerin: Choleriker (Ä Gewiddadunnakeidl...), Sanguiniker ('s Beschte is, ma nemmts, wies kummt...), Melancholiker (isch glaab, isch muss ball schdärwe...) und Phlegmatiker (Joo, vun mir aus kann es gieße...) Vielleicht erkennen Sie in diesen wunderbaren Typen Bekannte und Verwandte? Oder sich selbst?
Lina Sommers Regen-Choleriker habe ich exemplarisch für eine lange Dürre umgewidmet. Auch zu Linas Zeiten gab es wohl mal heiße Wochen im Sommer am schönen Rhein. Aber Dürreperioden, wie wir sie seit Jahren erleben, eher nicht. Die Belege für die zunehmende Klimakrise, die wir verharmlosend „Klimawandel“ nennen, sind erdrückend. Wie bei anderen Gefahren auch, ist die Versuchung groß, die Augen vor der Realität zu schließen. Oder die Überbringer der schlechten Nachrichten zu bestrafen und in Selbstmitleid zu verfallen wie unser Choleriker, den wir uns als wütenden Landwirt oder Gärtner vorstellen können: „Wart nor, Laabfrosch in doim Gläsl...! ...un der lumbisch Baromeda kummt ma aa zum Haus enaus...!“ Weiland galten der Laubfrosch im Glas und der hauseigene Barometer als Wetterkünder.
Angesichts der Klimakrise suchen Manche Trost darin, dass es Klimawandel schon immer gegeben habe. Das ist richtig, aber etwa so informativ wie, dass Wasser de Buggl nunnalaaft. Natur, Gesellschaft und die Psyche des Menschen können nur als dynamische Systeme verstanden werden. Umso wichtiger sind Fragen wie: welche Kräfte wirken? Wie stark sind sie? Wohin bewegen sich Natur, Welt, Gesellschaft, Mensch? Was sollten wir als Mannheimer, Deutsche, Europäer und Weltbürger, als Firma, Verein, Familie und einzelner Mensch tun und was unterlassen, um Gefahren zu bändigen und Wandel zum Besseren zu stärken?
WOCHENBLATT Mannheim
26. Juli 2018