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Foto: Hans-Peter Schwöbel
Emanzipatorische Persönlichkeitsentwicklung!
Demokratie, Rechtsstaat, verantwortungsbewusste, freie Wissenschaft und freie Medien als Früchte der Aufklärung haben wir nicht nur herbeigesehnt, herbeigestritten und herbeigelitten, weil sie die Würde des Menschen besser schützen als alle anderen Verfahren und Systeme, denen Menschen in der Weltgeschichte ausgesetzt waren. Sondern auch, weil sie sehr viel leistungsfähiger sind, wenn es um Produktivität, Fortschritt, Wohlstand, Bildung, psychische und physische Gesundheitsfürsorge, Gleichberechtigung, Gerechtigkeit, Lebensqualität und ökologische Achtsamkeit geht. Hierin erfüllt sich die Würde des Menschen.
Nicht zufällig schielen Machtlinge halb verschämt, halb neidisch nach Diktaturen, wie China, die Gefahren mit uneingeschränkter Macht angeblich schneller bannen können. Dabei ist der Vorteil solcher Systeme nur temporär. Und er ist scheinbar. Gerade die sogenannte Corona-Pandemie wäre ohne die Dummheit unkontrollierter Macht in China vermutlich gar nicht über die Welt gekommen. Die Machthaber in Peking werden von Wischenschaftlern beraten - wie jene in Berlin und Brüssel. Diese Ähnlichkeit sollte uns das Fürchten lehren.
Nie wieder ist jetzt!
Gründliche sozialwissenschaftliche Analyse zeigt: Kleine Eliten, die sich gewaltige Erkenntnisvorsprünge gegenüber den vielen Trägern der entsprechenden lokalen, regionalen, nationalen und über-nationalen Kulturen einbilden, sind gefährlich. Das irdische Heil der Menschen kommt nicht von überlegenen Eliten. Die Gefahren des anmaßenden und dummen Leninismus verstanden zu haben und daraus Schlüsse zu ziehen, wäre ein besonders wichtiger Beitrag zu „Nie wieder ist jetzt!“
Höchstmögliche wissenschaftlich, philosophisch und lebenspraktisch verfasste Bildung und emanzipatorische Persönlichkeitsentwicklung für alle, plus uneingeschränkter öffentlicher Kommunikation sind die wichtigsten Grundlagen gesellschaftlicher und psychischer Resilienz sowie materieller Wohlfahrt.
Heißt höchstmögliche Bildung und Persönlichkeitsentwicklung für Alle, gleiche Bildung für Alle? Ganz und gar nicht. Vielmehr stärkt emanzipatorische Bildung die Schwachen, ohne die Starken zu schwächen. Nicht alle haben gleiche Begabungen und andere Voraussetzungen. Aber die meisten Menschen können geistig und charakterlich mehr aus sich machen als es tatsächlich der Fall ist. Und damit sich und ihre Mitmenschen bereichern. „Wer immer strebend sich bemüht, den können wir erlösen.“ (Faust II) Die immer strebend sich Bemühenden können sich gegenseitig stärken und ermutigen, ermündigen. Dies ist mein Rat als Sozialwissenschaftler, Kind und Künder der Aufklärung.
Nicht hinters Licht führen!
Ich habe in Mannheim (Diplom-Studium) und Frankfurt (Promotion) folgende Wissenschaften studiert und mein Leben lang praktiziert: Soziologie, Erkenntnis- und Wissenschaftstheorie, Politologie, Pädagogik und Sozialpsychologie. Meine Wissenschaften habe ich immer als Auftrag zur Aufklärung und Kritik verstanden. Immer zum Nutzen, niemals zum Schaden meiner Mitmenschen.
Niemand hätte mich je dazu gebracht, meine wissenschaftlichen Erkenntnisse einzusetzen, um Menschen übers Ohr zu hauen. Deshalb war für mich immer ausgeschlossen, meine Fähigkeiten für Konsumwerbung, politische Propaganda und andere Nebeleien zur Verfügung zu stellen. Mit meiner Kreativität und Sprachbegabung hätte ich in den entsprechenden Branchen ein Vielfaches an Einkommen erzielt, verglichen mit meiner Professur und meiner Kunst.
Meine Leidenschaften als Wissenschaftler und Künstler sind: Verstehen und Verstandenwerden. Erhellen, nicht verdunkeln. Nicht hinters Licht führen! Dieses Ethos ist keine beliebige Beigabe. Es gehört zum Innersten von Wissenschaft und Kunst. Wo es fehlt, sind beide am Ende. Und die Demokratie.
Wird fortgesetzt.
Der Schwöbel-BLOG am Samstag, 20. April 2024