Der Schwöbel-BLOG am Samstag

Das Nest des Marabu 2

 

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Fotos: Hans-Peter Schwöbel (2015)

Das Nest des Marabu 2

Mo Edoga trifft Hermann Benjes

Eine Schwemmholz-Skulptur verwandelt sich in eine Benjes-Hecke

Hans-Peter Schwöbel

„Meinen Augen traue ich nicht, nicht meinen Ohren. Musikstadt Mannheim? Und diese Musikstadt hört, fühlt, spürt, liest nicht die Musik in der Schwemmholz-Skulptur des Mo Edoga vorm Kunstverein? Hinterm Kunstverein? Es kommt darauf an... Von der Augustaanlage aus bietet der Kunstverein Sichtschutz vor Edogas Kunst...

Haben Gegner dieser hohen Kunst-im-Hinterhof einmal ein Kind hochgehalten, damit es in die tiefen Höhlen der Skulptur schauen kann? Hat man sich diese Plastik mit ihrer enormen Vielfalt an Mustern, Differenzen, Ähnlichkeiten und Assoziationen aus verschiedenen Distanzen, bei verschiedenem Licht angesehen, angehört, angefühlt, um ihre ästhetischen Qualitäten zu erfassen: komplex und einfach, wuchtig und filigran, schwer und schwebend, netzig und kugelig, zufällig angeschwemmt und langsam gewachsen.

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(2015)

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(2015)

Genügt es nicht, dass wir einen Zaun um diese Spinne errichtet haben, damit sie nicht ausbrechen kann und über uns herfällt? Vielleicht die Stadt-im-Quadrat verwüstet? Bis zur Kenntlichkeit? Uns zum Sehen, Hören, Denken und Fühlen anregt? Edogas (Halb-) Kugel ist jetzt noch schöner als sie zu Anfang war. Schöner, wie alte Bäume schöner sind als junge, wie manche alten Menschen schöner sind als junge, weil sie die Spuren des Lebens tragen. Gezeichnet vom Leben, vom Leben ausgezeichnet.

Was heißt bei dieser Skulptur ‚zu Anfang’? Wo liegen ihre Anfänge? An Neckar, Niger und Rhein. Sollten wir darauf nicht stolz sein? Mo Edoga, Arzt und Künstler aus Nigeria, schafft Kunst zwischen Rhein und Neckar. Von seinen Werken sprach er als nicht-euklidischer Geometrie. Damit hat er uns Menschen gemeint! Immanuel Kant: "Der Mensch ist aus krummem Holz geschnitzt." Und wir erkennen uns nicht wieder in dieser anthropomorphen Figur, die Edoga aus den großen Heimatgewässern der Kurpfalz gezogen hat? 

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(2015)

Gerade und schief, flach und tief, hart und verletzlich. Überdauernd als Idee, vergänglich als Materie. Wobei Vergehen sich nie als Verschwinden vollzieht, immer als Verwandlung. Ich hoffe, wir Mannheimer sorgen dafür, dass sich Edogas Skulptur auf die Weise verwandelt, die ihr vom Künstler angesonnen war. Oder begehren wir Einbürgerung in Schilda? Nolens volens fungiert moderne Kunst als Rorschachtest: Sage mir, was Du siehst, und ich sage Dir, wer Du bist.

Vögel haben längst neues Leben in die Skulptur geschissen und sie in eine Benjes-Hecke verwandelt. Grün sprießt aus ihrem Inneren, bewohnt die Tiefen des Raums. Mo Edogas Skulptur steht im Gegensatz zur Wisch- und Weg-Kultur der Handy-Welt. Die Mannheimer Himmelskugel zeigt zeitliche und räumliche Tiefen, die uns gerade verloren zu gehen drohen.“ 

Hans-Peter Schwöbel

Mannheim, Juni 2015

Soweit mein Essay aus dem Jahre 2015. Nun geht es im Heute weiter: Hermann Benjes (1937 bis 2007) ist ein großer Naturlehrer. Sein wichtigster Beitrag zur Renaturierung ist die nach ihm benannte Benjes-Hecke. In den neunziger Jahren habe ich ihn mehrfach zu den „Hochschultagen Ökologie“ an die Hochschule des Bundes, Fachbereich Bundeswehrverwaltung, in Mannheim-Neuostheim eingeladen. Er hat uns immer fasziniert.

Der Nigerianer Mo Edoga und der Deutsche Hermann Benjes – zwei moderne Aufklärer und Bereicherer unserer Kultur. Kulturelle Aneignung? Kultur findet in uns, zwischen uns und hinter unserem Rücken statt. Nicht immer werden wir gefragt. Aber ich bin sicher, Mo Edoga und Hermann Benjes wären mit der Symbiose zutiefst einverstanden, die über die Jahre aus ihren Werken gewachsen ist, ohne dass sie davon gewusst haben.

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(2015)

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(2025)

  

Der Schwöbel-BLOG am Samstag, 31.05.2025

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